Was den Geschäftsanfall bei der staatlichen Justiz insgesamt, d.h. die Nachfrage nach gerichtlichem Schutz angeht, ist diese fraglos immens, weshalb auch die «Überlastung» der Staatsjustiz als ihr «Hauptübel» angeprangert wird. Bereits im Jahr 2004 betrugen allein in der Zivilgerichtsbarkeit die Neuzugänge an erstinstanzlichen Verfahren (gewöhnliche Prozesse) bei den Amtsgerichten rund 1,5 Millionen mit einer etwa gleich hohen Erledigungsziffer. Wie viele dieser Zivilprozesse mit einem stattgebenden rechtskräftigen oder für vollstreckbar erklärten Leistungsurteil als Vollstreckungstitel endeten und wie viele hiervon alsdann tatsächlich zu einem Vollstreckungsverfahren führten, ist ebenso unbekannt wie die Anzahl erfolgreicher Vollstreckungen. Dies gilt ebenso für die Zahlen der aufgrund sonstiger Vollstreckungstitel durchgeführten und erledigten Vollstreckungsverfahren, wie insbesondere aufgrund von Prozessvergleichen und aufgrund von – aus Mahnverfahren resultierende – Vollstreckungsbescheiden. Dazu sei angemerkt, dass die Zahl der Mahnverfahren bei den Amtsgerichten auf jährlich rund 12 Millionen geschätzt wird. Auch zu den Zwangsvollstreckungen, die im Bereich des einstweiligen Rechtsschutzes (Arrest und einstweilige Verfügung, vgl. §§ 917, 918, 928 und insbesondere 930, 933, 940 ZPO) stattfinden, liegen keine offiziellen Angaben vor.
Lassen sich deshalb insoweit auch keine Aussagen zur Effizienz der deutschen Zwangsvollstreckung treffen, so sind doch.viele Beschwerden vor allem aus der Anwaltschaft und aus Unternehmerkreisen über die Ineffizienz der deutschen Zwangsvollstreckung im Allgemeinen und der Zwangsvollstreckung durch Gerichtsvollzieher im Besonderen offenkundig. Hier wird von massenhaften Fällen berichtet, in welchen Gerichtsvollzieher überhaupt nicht greifbar waren oder viel zu langsam agierten, von Fällen ständig wiederholter und schließlich doch vergeblicher kostspieliger Vollstreckungsversuche, von Fällen der Unauffindbarkeit versteckter oder beiseite geschaffter Vermögensgegenstände undvon anderen Fällen mehr. Mach ein Gläubiger verweist auch mit gewissem Galgenhumor auf «Schränke voller Vollstreckungstitel», die durchzusetzen er längst aufgegeben hat.
Glaubt man diesen Berichten – und dazu besteht Anlass-, lässt sich zumindest so viel sagen, dass es um die Effizienz der deutschen Zwangsvollstreckung jedenfalls nicht sonderlich gut bestellt ist, was für die Beschlagnahmeverfahren ebenso wie für die Verwertungverfahren gilt.
IV. Zu den Problemen des deutschen Zwangsvollstreckungsrechts
Was nun den dritten und letzten Aspekt des mir aufgetragenen Themas angeht, nämlich die Frage nach den rechtlichen wie faktischen Problemen des deutschen Zwangsvollstreckungsrechts, wurde schon eine ganze Menge derselben im Vorausgegangenen angesprochen. Diese betreffen zunächst die schon erwähnten Mängel des geltenden Gesetzesrechts, wie sie abgemildert bemerkenswerter Weise selbst von Gesetzgeberseite beispielsweise in dem schon angesprochenen Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung unter der Bezeichnung «Unzulänglichkeiten» eingeräumt werden. Dort heißt es nämlich wortwörtlich: «Das geltende Recht der Zwangsvollstreckung ist noch maßgeblich von den wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen des 19. Jahrhunderts geprägt. Seither hat sich die typische Vermögensstruktur der Schuldner grundlegend gewandelt. Insbesondere die Regelungen zur Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen erweisen sich in Bezug auf Vollstreckungsziele, Verfahren, verfügbare Mittel sowie vorgesehene Sanktionen als nicht mehr zeitgemäß».