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Als der König, anlässlich des Zweihundertsten Geburtstages seiner Söhne einen Ball gab, schaffte es Nico, sich in den Empfang hinein zu schmuggeln. Es kostete ihn unglaubliche Kräfte, aber er wünschte sich so sehr zu sehen was dort stattfand.

Den kleinen Drachen hatte schon immer der Glanz und Glimmer angezogen der ihn umgeben hatte, wenn er mit seiner Familie königliche Feste besucht hatte. Aber jetzt, wo er von zu Hause weg war, hatte er keine Möglichkeit mehr an so einem Fest teilzunehmen.

Er wusste, dass die Teilnehmer des Festes viele glänzende Schmuckstücke tragen würden und das gab Nico keine Ruhe.

Auf Schloss Leimader war der gesamte Hochadel im Anflug und dem kleinen Abenteurer kam die Idee, unter die Kleidung einer eben gelandeten Dame zu kriechen. Die Dame war eine der Ältesten und trug Mode nach der alten Art – einen sehr dichten und langen Überwurf, der sowohl den durch ihr Alter hängenden Bauch, als auch ihren Rücken und Schwanz bedeckte. Nico machte sich diese Möglichkeit zunutze und da er nicht groß war hatte er gerade genug Platz zwischen den riesigen Falten des dichten Überwurfs. Das einzig Störende waren seine Federn, diese kitzelten die alte Dame und sie hüpfte und kicherte die ganze Zeit, aber der Hofzwang erlaubte ihr es nicht, sich zu kratzen. So gelang es Nico, ohne Vorkommnisse in das Schloss vorzudringen.

Die Gäste traten durch das Haupttor ein und vor ihnen öffnete sich eine Phalanx vergoldeter Türen, eine nach der anderen führte tiefer in das Schloss hinein. Die letzte Tür führte in einen riesigen Saal mit Säulen bis zur Decke. Die Decke dieses Saals war durchsichtig und öffnete sich wie in einem Planetarium.

Auf Atalanta gab es immer gutes Wetter. Hier schien immer die Sonne, Winter gab es nicht. An diesem Tag, der Feier zur Volljährigkeit der königlichen Söhne, schien sie besonders hell. Ihre Strahlen, die durch die Glasmalerei der Fenster strömten, verzierten die Räume mit Sonnenflecken in allen Regenbogenfarben.

In dem Saal mit der durchsichtigen Decke hingen filigrane Käfige mit Vögeln, die in präziser Handarbeit von den königlichen Schmieden aus dünnsten Metallplatten gefertigt worden waren. Diese Vögel flatterten, drehten ihre Köpfe, zwitscherten, trillerten und sangen mit den Musikern wie echte Kanarienvögel auf dem Planeten Kitur.

Tatsache war, dass König Nait nie diesen Planeten besucht hatte und er wünschte sich leidenschaftlich Kanarienvögel nach Leimader zu bringen. Aus irgendeinem Grund aber lebten sich diese Vögel auf dem Planeten der segelnden Inseln nicht ein und so erstellten die Meister ihre exakte Kopie.

König Nait und Königin Luna saßen auf majestätischen Thronen in dem riesigen Saal und hießen ihre zahlreichen Gäste willkommen. Die Erben des Königs saßen zu beider Seiten ihrer Eltern: Lutan an der Seite der Mutter, Largo und Mian an der Seite des Vaters.

Die neu Angekommenen erschienen vor der königliche Familie. Der Reihe nach grüßten sie durch Verbeugung und Knicks, gratulierten und brachten teure Geschenke dar, danach vermischten sie sich in der Menge die den Saal füllte.

Als die ältere Dame neben einem großen Polsterhocker stand, schlüpfte Nico aus seinem Versteck und verbarg sich in dessen Unterbau. Bald darauf begann er, mitsamt seines Verstecks, zum Tisch mit den Geschenken vorzurücken. Er bemühte sich es möglichst langsam zu tun, um keine Aufmerksamkeit zu erregen, doch plötzlich stieß er einer jungen Drachin in die Kniekehlen, diese plumpste auf den Hocker und hatte offensichtlich nicht vor wieder aufzustehen. Da rieß sich Nico eine Feder aus und begann sie in den Kniekehlen zu kitzeln. Überzeugt, dass sich im Hocker Ungeziefer befand, sprang die Drachin quietschend auf ihre Füße. Nico wartete ein wenig ab und kroch weiter zum nächstgelegenen Tisch, dieser war mit einer Tischdecke überzogen und er schlüpfte schnell unter den langen Stoff.