„Braves Mädchen! Scheiße!“, dachte Natalja. „Stille Wasser sind tief…“

Die Schicht dauere von abends um acht bis vier Uhr morgens. Danach gehe sie schleunigst in die Bar und schieße sich dort total ab. Entweder aus Langeweile und Kummer oder aus Freude, der Grund sei ihr selbst unklar.

An den Wochenenden gehe sie in eine Disco, wo Schwarze Breackdance tanzten. Ein Japaner beginne sie anzumachen. Der schöne, hochgewachsene Mann habe sie eingeladen, am Wochenende mit ihm Disneyland zu besuchen. Er heiße Jamoguchi. Natalja fiel fast um, als sie diesen Namen hörte.

„'Ich bin mächtig'? Ernsthaft? Ahahahaha!“

Stella wusste, wie man die Leute zum Lachen bringt. Es war auch interessant, etwas über die Männerprostitution und den Alkoholkonsum zu erfahren. Stella erzählte, wie Männer bei Frauen an der Bar um einen Drink bettelten und versuchten, sie auf verschiedene Art und Weise zu belustigen. Sie tanzten, sangen, machten akrobatische Kunststücke, zog die Aufmerksamkeit der Frauen auf sich, so gut sie konnten, um auf deren Kosten zu trinken. Dabei ließe sich seltsamerweise nicht gleich erkennen, ob es Japaner waren oder Philippiner.

Die Geschichten über die kleinen Japaner machten Natalja derart Spaß, dass sie mit Ungeduld auf jeden Anruf ihrer Freundin wartete. Alles Neue und Unbekannte lockte sie.

Als sie nach langen Gesprächen in die Disco zurückkam, konnte sie sich oft nicht mehr daran erinnern, mit wem zusammen sie gekommen war. Einmal ging Natalja noch fast nüchtern auf einen Mann im blauen Hemd zu, mit dem sie glaubte, den Abend angenehm verbringen zu können, und begann ihn zu umarmen, ohne sein überraschtes Gesicht zu bemerken. Da tauchte vor ihr ein anderer Typ mit einem ebenso blauen Hemd, fragendem Blick und geballten Fäusten auf und fragte:

„Mit wem bist du denn hierhergekommen?“

Die kuriose Situation endete damit, dass sie, auch als der zweite Mann im blauen Hemd vor ihr stand, diese Frage nicht klar und adäquat beantworten konnte. Frech betrachtete sie die Gesichter der beiden und versuchte, darin bekannte Züge zu erkennen.

Das Warten auf den Vertrag war eine Qual für Natalja. Sie wurde des Herumsitzens in den Bars bald überdrüssig. Die blöden Arschlöcher, die sie dort traf, waren nach ein paar Flaschen sowieso alle gleich. Deshalb beschloss Natalja, in Erwartung eines Wunders, selbst Stella anzurufen und sie nach den neuesten Ereignissen in ihrem Leben zu fragen.

„Moschi, Moschi!“ So meldet man sich in Japan am Telefon.

„Hallöchen, meine Süße! Was machst du gerade?“

„Ich saufe, vor lauter Sehnsucht nach dir.“

„Klasse, ich auch.“

„Na, erzähl mir von deiner Arbeit. Was machst du da alles? Ich brauche schmutzige Details!“

„Es gibt leider keine!“

„Ah so! Also, leider sagst du, trotz allem?“

„Ich würde gerne mal die Sau rauslassen, wenn du das meinst! Aber hier ist tote Hose!“

„Ich bin so traurig ohne dich! Alle kommen mir so einerlei und uninteressant vor.“

„Glaub mir, in der Ukraine sind die Typen top! Hier in Japan sind sie alle gleich. Ich komme auf die Arbeit, gehe in die Umkleide, schminke mich und mache Frisur. Das Haar muss schön frisiert sein, so steht es im Vertrag. Um punkt zwanzig Uhr muss ich mit allen anderen an einem großen Tisch in der Mitte des Klubs sitzen und auf Kunden warten. Wenn der erste Kunde erscheint, stehen alle Mädchen auf und grüßen:

„Konbanwa.“ – Guten Abend auf Japanisch. Der Japaner geht langsam weiter, schaut sich die Mädchen an und nimmt im Saal Platz. In diesem Moment beginnt das Showprogramm mit dem Blumenverkauf.

Erinnerst du dich, wie Darja uns davon erzählt hat?“