„Machen Sie sich lustig über mich, junge Frau?“
„Oh nein, gar nicht! Wir sind ernsthafte, gute Studentinnen.“
„Dann bin ich froh, Sie kennenzulernen. Kommen Sie in die Küche? Trinken wir einen Kaffee zusammen? Aber zuerst muss ich in die Dusche und mich umziehen.“
„Hast du gesehen, Stella?“ sagte Natalja in der Küche. „Er ist vielleicht doof, aber er hat einen gescheiten Code für seinen Safe.“
„Hahaha! Ich mache mir in die Hose vor Lachen. So ein Held!“
Eine Stunde lang saßen sie mit Wadim in der Küche bei einer Flasche Wodka. Zu essen gab es von Öl triefende, kalte und zerdrückte tatarische Teigtaschen, die Wadim vom Markt mitgebracht hatte. Dazu servierte er allerlei Geschichten. Er kaute mit so viel Enthusiasmus, dass ihm die Bröckchen aus dem Mund flogen. In diesem Moment schworen sich die Mädchen im Stillen, nie mehr tatarische Teigtaschen zu essen. Ein unsäglicher Gestank begleitete jeden Witz, über den meist nur Wadim lachen musste.
„Bring ihn nicht zum Lachen, Natalja! Sonst ersticke ich.“
Stella unterbrach das Gespräch, als der Nachbar zu erzählen begann, wie er auf dem Markt das Mädchen vom Jeans-Stand geküsst hatte, dem das angeblich sehr gefiel. Sie blickte auf den mit Öl geschmierten Mund des Möchtegern-Verführers und verspürte Brechreiz.
„Ich gehe ins Bett.“
„Warum, Stella? Es ist doch so lustig! Oder wollen wir lieber ausgehen?“
„Wir haben morgen ein Ding zu drehen. Oder beklauen wir ihn doch nicht? Entscheide du.“
„Doch, natürlich tun wir das!“
„Dann gehen wir schlafen.“
„Okay.“
Am Morgen, als das Stinktier zur Arbeit gegangen war, öffneten die Mädchen den Safe.
„Oh! Er hat ganz schön viel zusammengespart. Das dürften fünf volle Monatslöhne für ihn sein. Jetzt lass uns sehen, dass wir die Wohnung weitervermieten.“
„Du packst unsere Sachen und wartest hier auf mich, als ob du die Vermieterin wärst. Ich gehe auf den Markt und suche einen neuen Mieter für die ganze Zweizimmerwohnung. Versteck bitte seine Sachen so, dass es nicht so aussieht, als ob hier jemand wohnt.“
„Okay.“ Warte mal, Stella! Lass uns ein Schild schreiben: „Wohnung für längere Zeit zu vermieten“. Versuch, jemanden gleich für ein Jahr zu finden. Mit ein paar Monatsmieten als Kaution. Und ich mache inzwischen schnell einen Langzeitmietvertrag beim Notar unten. Ich nehme ein leeres Formular, damit es glaubwürdig aussieht.“
„Finde ich toll!“ Dann sehen wir uns in ein paar Stunden.“
„Bitte bring das alles so schnell wie möglich hinter dich. Sonst kommt am Ende unser Nachbar vor dir zurück.“
„Mach dir keine Sorgen, das schaffen wir.“
Auf dem Markt wurde das Mädchen mit dem Schild gleich von einem hochgewachsenen, stattlichen Mann angesprochen.
„Vermieten Sie eine Wohnung?“
„Ja, eine Zweizimmerwohnung.“
„Wie hoch ist die Monatsmiete? Gehört die Wohnung Ihnen?“
„Ich bin eine Freundin der Eigentümerin. Sie muss dringend abreisen und hat mich gebeten, ihr zu helfen.“
„Sie sind also keine Maklerin?“
„Nein.“
„Was für ein Glücksfall!“
„Da haben Sie allerdings Glück. Ich bin wirklich keine Maklerin.“
„Wissen Sie, ich bin heute Morgen in ausgezeichneter Stimmung und mit einem guten Gefühl aufgewacht.“
„Dann wollen wir keine Zeit verlieren und schauen uns die Wohnung an. Die Vermieterin wartet schon auf uns.“
„Seien Sie bitte ehrlich: Verlangen Sie wirklich keine Gebühr für Ihre Dienstleistung?“
„Nein. Wir sind Freundinnen seit Kindertagen. Sie muss heute fort und braucht deswegen meine Hilfe. Es fällt mir nicht schwer, diesen Freundschaftsdienst gratis zu leisten.“
„Das ist sehr selten heutzutage! Ihre Freundin hat Glück mit Ihnen. Sie sind ein guter Mensch.“