Einen wesentlichen Einfluss hat auf deutsche theoretische Grammatik der sogenannte linguistische Psychologismus ausgeübt. Der linguistische Psychologismus ist wie eine Gesamtheit der einzelnen Richtungen und Konzeptionen, die die Sprache wie eine individuelle Tätigkeit eines Menschen oder eines Volkes verstehen. Ein der bekanntesten Vertreter des deutschen Psychologismus war W. von Humboldt. Seine Ideen basieren auf der kantianischen Philosophie, wobei die Sprache als ein geschlossenes System einerseits und als Resultat einer bewussten gemeinsamen Tätigkeit eines Volkes andererseits auftritt, sprachliche Entwicklung auf seelische Vorgänge in der Psyche eines Individuums zurückgeführt wird. Von besonderem Interesse ist die physiologische Seite der Sprache. Deswegen ist in der Sprache des Geist des Volkes geprägt. W. von Humboldt glaubte, dass in der Sprache ist der Geist des Volkes.

Nachteil der Lehre besteht darin, dass man den sozialen Charakter der Sprache verkennt.

Die nächste Etappe in der Geschichte der deutschen Sprache sind Junggrammatiker. Die Junggrammatiker haben Vergleich indoeuropäischer Sprachen unternommen. Sie behandelten sich mit germanischen Sprachen, deutscher Phonetik und Grammatik. Diese Richtung entstand in den 70-er Jahren des 19. Jahrhundert und verblieb bis in das 20. Jahrhundert hinein. Unter den bedeutendsten Vertretern dieser Richtung sind folgende zu nennen: Hermann Paul („Prinzipien der Sprachgeschichte“. 1880 [42]; „Deutsches Wörterbuch“ 1897; [27], „Deutsche Grammatik“ 1916-1920 [43]); Otto Behaghel („Deutsche Syntax“ 1923-1932 [22]), Oskar Erdmann („Grundzüge der deutschen Syntax nach ihrer geschichtlichen Entwicklung“, 1886-1897 [30]), Wilhelm Wilmanns („Deutsche Grammatik, Alt -. Mittel – und Neuhochdeutsch, 1893-1897 [57]), Hermann Wunderlich und Hans Reis („Der deutsche Satzbau“, 1892 [58), Ludwig Sütterlin („Die deutsche Sprache der Gegenwart“, 1901 [53],, „Neuhochdeutsche Grammatik“, 1924 [54]). Die geschichtliche Methode bleibt vorherrschend. Grammatik wird historisch betrachtet.

Neu bei Junggrammatikern ist die Betrachtungsweise der Sprache, keine Verherrlichungen des Altertums von Romantikern mehr, Einfluss des naturwissenschaftlichen Positivismus, empirische Beschreibung greifbarer Einzelerscheinungen der Sprache. Die starke Seite der junggrammatischen Lehre ist das methodische Verfahren. Erstreben wurde die besondere Exaktheit der Sprachbeschreibung, die Aufstellung ausnahmsloser Gesetze der Sprachentwicklung, Interesse an die neueren Sprachen und ihren modernen Zustand, der jedoch historisch gedeutet wird. Im Mittelpunkt stehen das Lautsystem und der Lautwandel. Phonetik wird zum Haupbestandteil aller Grammatiken.

Wenn wir die Entwicklung der Grammatik in diesen Jahren verfolgen, können wir folgende selbständige größere Richtungen aussondern:

1) strukturelle Grammatik

2) inhaltsbezogene Grammatik

3) funktionale oder kommunikative Grammatik.

1.5.2 Neue Strömungen in der deutschen Grammatik im 20.Jahrhudert

Am Anfang des 20. Jahrhunderts treten neue Methoden und Verfahren auf vielen Gebieten der Wissenschaft hervor, und Sprachwissenschaft ist keine Ausnahme. Die induktiven empirischen Verfahren der Junggrammatiker werden Kritik unterzogen. Rasche Verbreitung bekommt Lehre von Ferdinand de Saussures über Dichotomie der Rede und der Sprache. Synchronische Sachbetrachtung verdrängt die historische Methode und dominiert zu dieser Zeit. Syntax wird zum Hauptobjekt der Grammatikforschung. Das induktive Verfahren verbreitet sich, Grammatik erforscht jetzt vorwiegend Gegenwartssprachen. Die Sprachbetrachtung wird formalisiert, bei der Forschung des grammatischen Baus einer Sprache geht man von der Form aus. Die neuen Tendenzen in der Sprachwissenschaft bringen zur Gründung in Europa und Amerika verschiedener Schulen des Strukturalismus.