„Sehr witzig, Stella! Du warst schon immer originell in deinen Äußerungen!“
„Danke für das Kompliment. Aber jetzt mal im Ernst, wie bist du da hingekommen? Raus mit der Sprache!“
„Ein Dekan an einer Privatuniversität in Lugansk hat mir ein Diplom für zweitausend Dollar verkauft. Er hat mir versichert, das Diplom sei echt und entspreche den Standards. Ich ließ mir ein bisschen Privatunterricht geben, lernte zum Thema alles, was nötig war, und voilà Mademoiselle! Ich bin jetzt nicht mehr der Kosa, mit dem du geschwänzt und hinter der Schule eine geraucht hast! Ich bin jetzt Evgeni Wladimirowitsch.“
„Hahaha! Du hast mich zum Lachen gebracht! Aber das war natürlich ein genialer Gedanke! Sehr gut! Ich freue mich für dich. Aber für mich bleibst du Kosa wie früher. Ahahaha!“
„Abgemacht, Stella Flinkfinger!“
„Schreib mir, vergiss das nicht!“
„Tschüss.“
Stella verarbeitete diese Informationen und begann, einen genialen Plan zu schmieden. Ihre Gedanken waren auf ein einziges fernes Ziel ausgerichtet – die Welt der Zasterhasen.
Außerdem hatte sie bereits eine gewisse Erfahrung beim Kauf von Dokumenten. Ihren Führerschein kaufte sie bei der Staatlichen Verkehrsinspektion der Stadt Cherson durch Beziehungen. Dabei hatte sie diese Stadt nie besucht.
Sie rief Natalja an und erzählte ihr von ihrer genialen Idee, mit der ihrer Meinung nach ein neuer Lebensabschnitt beginnen würde, in dem kein Platz für Habenichtse vorgesehen war.
Der Kern der „Geschäftsidee“ bestand darin, zwei Hochschuldiplome in Rechtswissenschaften zu kaufen und ein Notariat zu gründen. Dort sollten dann Mitarbeiter mit einer echten juristischen Ausbildung angestellt werden, deren Aufgabe es wäre, sich direkt mit den Dokumenten zu befassen.
„Und wir werden klug dreinschauen und den Stempel daruntersetzen. Wie findest du die Idee, Freundin?“
„Stella! Was hast du für einen klugen Kopf! Ich bin schockiert!“
„Ja. Daran ist nichts auszusetzen!“
„Das wird uns ein Haufen Geld bringen!“
„Aber es gibt ein Problem! Um die Berechtigung zur Benutzung eines Notarsiegels zu erhalten, muss man mindestens zwei Jahre Arbeitserfahrung in einem Notariat haben.“
„Puh, Stella, da hast du mich beinahe erschreckt! Ich dachte, es gäbe ein echtes Problem! Wir brauchen doch bloß einen kleinen Notar in irgendeinem Dorf zu ficken, damit er uns die erforderliche Berufserfahrung bestätigt.“
„Hahaha! Daran habe ich gar nicht gedacht.“
„Dann legen wir los?“
„Ich bin bereit!“
Natalja war entzückt. Sie stellte sich vor, wie sie in einem strengen Kostüm aussehen würde, wohl ähnlich wie Stella: ein eiskaltes, unnahbares Luder von unwiderstehlicher Schönheit. Wenn es aber einer wagte, sie zu berühren, wurde er um sein gesamtes Vermögen gebracht und ihm die Schuld dafür gegeben. Die Genialität ihrer Kollegin verärgerte sie ein wenig.
„Ich bin mir sicher, dass ich ihr in diesem Geschäft einen Vorsprung geben könnte!“, dachte sie mit einem giftigen Lächeln. „Aber warum komme ich nicht auf solche Ideen?“, fragte sich Natalja ärgerlich. Gleichzeitig gefiel ihr es, so eine Freundin zu haben. Nicht umsonst lautet das Sprichwort: Sag mir mit wem du umgehst…
Übrigens hatte Natalja keine große Auswahl. Alle Frauen außer Stella hassten sie. Welches normale Mädchen würde die Freundschaft zu einer prinzipienlosen Nymphomanin aushalten?
Die beiden verwirklichten ihren Plan mit rasendem Tempo. Stella fuhr in ihre Heimatstadt Lugansk, die sie schon lange nicht mehr besucht hatte. Dort wohnten noch ihre Mutter und ihre drogensüchtige ältere Schwester, die schon die Hälfte ihrer Zähne verloren hatte. Leider konnte Stella der Schwester nicht helfen. Alle Versuche waren vergeblich. Sie fixte Heroin und hatte außerdem anscheinend einen Dachschaden. Die ältere Schwester hasste die jüngere schon seit ihrer Kindheit. Stella war gewiss ein Problemkind gewesen. Sie flog von vier Schulen. Zur letzten von ihnen musste sie einige Kilometer zu Fuß zurücklegen. Sie lungerte mit Jungs in Kellern herum, trug immer Sportklamotten, und zwar nur drei Marken, die auf dem Stadtmarkt zu kaufen waren: Puma, Adidas und Montana. Im kurzen Haar in Stellas Nacken prangte ein Dreieck, das ihr ihre Freunde im Keller des Hauses Nummer neun im Saretschny-Viertel rasiert hatten. Stella versuchte die Vereiterung der Kopfhaut vor ihrer Mutter zu verbergen und trug darum sogar zu Hause eine Mütze.