Dieser Tag erwies sich nicht nur als wahrer Festtag im Nataljas Leben. Sie war jetzt Studentin an einer prestigeträchtigen hauptstädtischen Universität! Sie rief zu Hause an und erfreute ihre Familie mit dieser überraschenden Nachricht. Damit beseitigte sie alle Zweifel und widerwärtigen Gerüchte. So ein kluges Köpfchen konnte unmöglich eine billige Hure sein, wie böse Zungen gelästert hatten.
„Nein, so was muss man erfinden!“, zeterte ihr Bruder. „Wie können Leute bloß so falsch sein! Ins Gefängnis sollte man sie alle stecken!“
Das Mädchen lachte und verteidigte die Intriganten.
„Ach, mach dir keinen Kopf! Lass die Leute reden, was sie wollen. Das Leben wird schon sein Urteil fällen und zeigen, wer was wert ist.“
„Du bist viel zu gut für diese Welt“, antwortete der geliebte Bruder.
Natalja freute sich in der Seele über ihren Sieg.
Gott sei dank hatte sie dieses Kaff zur rechten Zeit verlassen.
Nach den Abendvorlesungen flatterte Saweli Rodionowitsch Rudkow wie eine Lerche in der Innenstadt umher und hatte keine Lust, nach Hause zu gehen. Er ging in ein Café, um eine Tasse Tee zu trinken. Kaffee war ihm schon längst wegen seines Gesundheitszustands verboten.
„Ach! Ich pfeife auf die Vorschriften der Ärzte und trinke ein Kognäkchen!“, murmelte er verbittert in seinen Schnurrbart. „Ihr seid selber krank! Ich bin gesund! Und fühlen tue ich mich wie ein Dreißigjähriger!“, rief er und bestellte, ohne weiter zu überlegen, einen Kaffee mit Kognak.
Am gleichen Tag erhielt Nata die Schlüssel zum besten Zimmer im Wohnheim.
Ihr Zimmer lag ganz am Ende eines Korridors. Der alte Perversling sorgte sich wohl darum, dass niemand sah, wie er sich aus dem Dekanat zu ihr schlich, bemerkte das Mädchen. In ihrer Studentenbude gab es zwei Fenster, was sehr erfreulich war. Sie ging auf den Markt, um Vorhänge und eine grellgrüne Tischlampe zu besorgen, und fing eifrig an, sich in ihrer neuen Behausung einzurichten. Abends hatte sie vor, ein paar Stripclubs zu besuchen, die inserierten: „Job mit Tanzausbildung“. Damit wollte sie ihrem Traum – reichen Bonzen – möglichst nahekommen.
Sie wusste, dass alle Männer unzüchtig sind und in ihrer Freizeit gerne Bordelle besuchen.
Verdammte Routine! Die schwammigen Frauen zu Hause langweilten sie! Wer von denen konnte sich schon mit einem jungen, frischen Körper vergleichen? Bei diesen Gedanken bekam sie Lust, mit sich selbst Sex zu haben.
Sie liebte ihren prallen Körper, ihre zarte, rosige Haut. Während der „Paarung“, wie sie es oft nannte, schaute sie meistens auf sich selbst, auf ihren Körper, der sich in Krämpfen wand. Manchmal dachte sie, was für ein Glück er mit seiner „Besitzerin“ habe, die es so gut verstand, ihn seinem Zweck entsprechend zu nutzen und dabei in vollem Maße zu genießen. Liebe wollte sie immer und überall! Je mehr, desto besser. Sie stellte sich selbst eine richtige Diagnose – Nymphomanie.
Ein eng anliegendes rückenfreies Kleid betonte alle ihre Reize. Ohne besondere Anstrengung ihrerseits wurde sie als Tänzerin in einem Nachtklub mit einem jämmerlichen Lohn angestellt, aber so richtig froh war sie darüber nicht. Sie überblickte die Gäste der Location und stellte fest, dass diese bei weitem nicht die Gesellschaftsschicht repräsentieren, die sie erreichen wollte. Sie lechzte nach Parlamentsabgeordneten, Botschaftern oder Scheichs. Das Publikum hier war dagegen nur ein verächtliches Schulterzucken wert.
In den String hatte man ihr bloß je 20, höchstens 30 Dollar gesteckt. Aber sie ließ sich Zeit und kündigte nicht sofort. Schließlich brachte man ihr völlig kostenlos Poledance bei, oder genauer gesagt, man zog den Unterricht von ihrem virtuellen Lohn ab.