Die Hubertusalm Kh Beyer






1. Teil


Karinka

Die

Bedienung


Abenteuer, Liebe, Betrug



Vorwort

Karinka ist eine Erotiknovelle. Sie spielt wie alle Novellen von mir, in der Gastronomie. Alle Personen, Handlungen und Betriebe sind reine Erfindungen von mir.

Mit meinen Erzählungen, Kriminal- und Liebesgeschichten möchte ich Ihnen das Leben und die Verhältnisse von Saisonarbeitern in der Gastronomie der Alpenregion näher bringen.

Diese Arbeit unterscheidet sich nicht groß von der Tätigkeit anderer Saisonarbeiter. Ich rede auch von Erntehelfern. Einen groben Unterschied gibt es jedoch. Die Arbeitszeit. Erntehelfer können sehr schlecht in der Nacht ausgebeutet werden. Nach dem ersten Arbeitstag, bestreitet ein Saisonarbeiter in der Gastronomie noch den Abenddienst. Der ist in etwa so lang wie der Dienst am Vormittag. Mit der Erzählung möchte ich Ihnen zeigen, welche Opfer die Saisonarbeiter bringen, um sich und ihre Familien zu ernähren. Ich beschreibe Ihnen darin die verschiedenen Wege ihres Werdegangs.

Auf die übertriebene Darstellung der wahren Opfer habe ich bewusst verzichtet. Die Wahrheit ist eigentlich wesentlich schlimmer. Ich verzichte bewusst auf übertriebenes geheucheltes Mitgefühl. Ich bin selbst Migrant in einer ähnlichen Situation. Sie dürfen also davon ausgehen, der Wahrheitsgehalt dieser erfundenen Erzählungen liegt bei nahezu einhundert Prozent.

Lesen Sie Bücher von KhBeyer!

Das ist Literatur des wahren Lebens der Saisonarbeiter und Migranten. Liebe, Betrug, Abenteuer, Schicksale in der Gastronomie. Beachten Sie: In Kürze können auch Sie dieses Schicksal erleiden.

Viel Spaß beim Lesen!



Hinweis


Beachten Sie bitte, mit der Freigabe der Deutschen Rechtschreibung durch die ehemals Sächsische Firma – Duden, nehme ich mir die Freiheit, meine Rechtschreibung dem Gefühl anzupassen. Wörter, die Sie sonst klein geschrieben vorfinden, schreibe ich der Betonung halber, mitunter groß. Die Sinnlosigkeit von drei gleichen Buchstaben hintereinander in einem Wort, lehne ich einfach ab. Ich beuge damit vorsätzlich das wirtschaftliche Diktat dieser „Reformanten“.

Die Reform hat das Ziel, selbst unseren Hilfsschülern, langfristig einen kostenpflichtigen Studienplatz zu beschaffen. Das Ergebnis davon, sehen Sie in Ihren Parlamenten.



Die Familie


Karinka ist die Tochter von Fedor und Hana. Sie leben in Terchova. Das verträumte Städtchen im Norden der Slowakei bietet kaum Arbeit. Papa und Mama arbeiten bei einem Südkoreanischen Autobauer. Sie verdienen keine fünf Euro pro Stunde. Beide werden oft in Kurzarbeit versetzt. Des Alters wegen. Fedor arbeitet im Lager, Hana in der Betriebskantine an der Kasse.

Karinka möchte dieses Elend verlassen. Sie hat sich mit ihren Freundinnen unterhalten. Alle arbeiten in Österreich oder in Restaurants und Herbergen an den von Touristen befahrenen Straßen. Sie unterhalten sich oft über ihren Verdienst. Die Freundinnen, welche in Österreich arbeiten, reden das Blaue vom Himmel. Und das lockt Karinka an. Sie kann das Doppelte verdienen. Die Familie braucht das Geld.

Eine ihrer Freundinnen, Etela, arbeitet im Oberen Inntal. Sie hat Karinka eine Stelle im Hotel Lange Route vermittelt.

Die Schwester Karinkas, Edita, arbeitet in der Nähe von Wien. In einem bekannten amerikanischen Imbissbetrieb. Die zweite Schwester, Gizela, studiert noch. In Bratislawa. Sie möchte Zahnärztin werden. Das Studium verschlingt das gesamte Einkommen der Familie. Gizela geht nebenbei arbeiten.

„Eine muss es schaffen“, hat Papa Fedor gesagt. Er möchte das Häuschen der Familie behalten. Mit Europa kamen auch deren Gebühren für Wasser, Abwasser und Energie. Fedor holt sein Gas für die Familie noch in Flaschen. Ein Anschluss an das Netz wäre für die Familie unbezahlbar. Einen Teil ihres Abwassers lässt Fedor noch auf dem eigenen Grundstück versickern. Das Ende dieser Entsorgung droht. In der heimischen Gemeinde sitzen bayrische Berater. Die haben der Gemeinde, Klärgruben aus Bayern eingeredet. Selbst in Bayern werden die nur unter Zwang verkauft. Man verbietet den Bewohnern einfach, in eine Hecke auf ihrem Grundstück zu pinkeln.


Die Ausreise


Karinka hat sich entschlossen, mit einem Sammeltransport das obere Inntal zu besuchen. Sie möchte erfahren, was sie dort verdient. Das Angebot hat sie überzeugt. Sie verdient das Dreifache gegenüber ihrer Heimat.

In Etelas Personalzimmer kann sie übernachten. Etela hat ihr schon einen Platz gerichtet. Etelas Freundin, Gita, hat kürzlich hier geheiratet. Ihr Platz ist nun frei. Gita ist jetzt das, was sie zu Hause auch war. Bäuerin.

Etela ist schon seit einigen Saisons hier. Sie fährt nur selten nach Hause. Die Wechsel zwischen Winter- und Sommersaison lassen das nicht zu. Ihr wäre das auch zu anstrengend. Außerdem, zu teuer. Ihre Familie hat zu Hause gar kein überschüssiges Einkommen. Etela sorgt dafür. Der Papa ist Gelegenheitsarbeiter. Die Mama, Leiharbeiter.

Der Transporter biegt von der Hauptstraße ab. Serfaus sieht Karinka auf dem Schild. Von Serfaus hat sie schon gehört. Ein Freund hat ihr von diesem Ort erzählt. Er hat dort als Abspüler gedient. Karinka erwartet nichts Berauschendes. Der Freund erzählte ihr von viel Arbeit. Aber auch von Discos und Freizeitbeschäftigung. Das hat sie neugierig gemacht.

Ihr Betrieb liegt fast am Ortsende. Abends wirkt es hier ziemlich einsam. Bis zur Seilbahn ist es nicht weit.

Zum Hotel gehört eine kleine Bar. Die ist geschlossen. Im Sommer wird sie nur selten benutzt. Zu Grillabenden. Trotzdem hört sie Musik in der Nähe. Der Fahrer sagt, im Nachbarhotel ist heute ein Konzert mit anschließendem Tanz. Etela steht etwas versteckt. Karinka erkennt sie erst, als sie ihr aufgeregt zuwinkt.

Zur Begrüßung gibt es die üblichen Küsschen.

„Hast du mir Etwas mitgebracht?“

„Natürlich. Das packen wir auf dem Zimmer aus.“

Die Saisonarbeiter bringen ihren Kollegen gern einen Gruß der Heimat mit. Kommen die Kollegen aus dem gleichen Land und der gleichen Gegend, ist das um so willkommener. Das Gleiche scheint Etela zu erwarten. Edita hat ihr das sicher gesagt. Oft geht es um Produkte, die zu Hause wesentlich günstiger sind als im Land ihres Arbeitsplatzes. Darunter fallen neben medizinischen Produkten auch Verhütungsmittel. Ist in den Taschen noch etwas Platz, werden gern auch heimische Lebensmittel eingepackt. Vor allem, Kolbasz in allen Varianten. Immerhin verdient eine Saisonkraft in etwa den Lohn, den Einheimische als Rente bekommen. Und das in einer Sechzig – bis – Neunzig – Stunden – Woche.

Das Zimmer gefällt Karinka. Gita hatte es etwas weiblich eingerichtet. Etela findet es kitschig. Etela ist etwas maskulin. Sie trägt recht kurzes Haar. Röcke und Kleider sind bei ihr nicht zu finden. Sie sagt, ihr wäre das zu teuer. Absatzschuhe? Fehlanzeige. Etela trägt Sportschuhe und Jeans.

„Willst du duschen und dich ausruhen?“

„Gerne, nach dieser Fahrt.“

Etela zeigt ihr die Toilette samt Duschecke.

„Hier muss etwas geputzt werden.“

„Ich kann das nicht so besonders. Das hat Gita immer getan.“

„Als was arbeitest du hier?“

„Als Kellnerin. Manchmal helfe ich in der Rezeption.“

„Du hast wohl Sekretärin gelernt?“

„Meine Sprachkenntnisse reichen hier dafür nicht.“

„Aber Englisch hast du doch gelernt.“

„Ich kann auch Französisch. Nur mit der Sprache hapert es etwas.“

Die Zwei lachen herzhaft.

„Sind alle Personalzimmer mit Doppelbetten ausgerüstet?“

„Das sind die gebrauchten Betten der neu eingerichteten Hotelzimmer.“

„Die Einzelzimmer sind wohl nicht vorgerichtet worden?“

„Nein. Die halten vermutlich etwas länger. Die werden seltener gebucht.“

„Wir schlafen hier im Ehebett?“

„Alle Frauen schlafen im Ehebett. Die Männer nicht.“

„Ich gehe mal die Dusche putzen“, sagt Karinka.

„Du kannst zuerst den Schrank einräumen.“

Etela zeigt ihr den freien Schrank. Gita hat noch ein paar Sachen da gelassen. Eine Badetasche und ein Zusatz – Kopfkissen. Ein unbenutztes Handtuch liegt noch im Fach.

„Ist das Hotelwäsche?“

Etela schaut es an.

„Nein. Das hat Gita hier liegen lassen.“

Im Handtuch ist ein Stück Seife eingewickelt. Das ganze Fach duftet danach. Rosenseife von zu Hause.

„Ich bekomme gleich Heimweh“, sagt Etela.

Karinka öffnet die Badetasche. Sie muss lachen.

„Hier liegen drei Männer drinnen.“

„Was? In der kleinen Tasche?“

„Schau.“

„Gita hat sich aber schön vorbereitet für die Hochzeit“, sagt Karinka.

„Wir haben uns darauf vorbereitet“, antwortet Etela.

„Du hast gewusst, was sich in der Tasche befindet?“

„Aber sicher. Rieche mal. Die Männlein duften auch nach Rosenseife.“

„Du hast wohl auch Rosenseife von zu Hause?“

„Gita hat immer viel mit gebracht."

„Dann können wir mal nachsehen, was ich mit gebracht habe.“

Karinka putzt kurz die Fächer des Schrankes. Danach räumt sie ihren Tascheninhalt in den Schrank ein. Ein paar Fischdosen sind dabei. Etwas Trockenobst. Eine Flasche Slivovica. Neben der Flasche liegt eine sehr gut gereifte Kolbasz in der Tasche.

„Hast du etwas Brot hier?“, fragt Karinka.

„Ich habe etwas Brot da. Auch Zwieback.“

„Dann können wir nach dem Duschen, Etwas essen.“

„Und trinken. Wir haben morgen frei.“

„Und wann gehen wir zum Chef?“

„Der Chef ist früh kurz da und dann zu Mittag. Wir stellen dich ihm zu Mittag vor. Da ist er vom Einkauf zurück.“