„Entweder ich oder dein Job.“

Damit verurteilte er sich selbst zum Leiden. Stella trauerte einige Monate, aber dann wurden ihre Gefühle von der Vernunft besiegt. Es war noch zu früh, eine Familie zu gründen. Außerdem war der wichtigste Grund ihrer Gefühle für Sergej die Tatsache, dass er die Schlampe an den Heizkörper gefesselt hatte. Als Mann passte er kaum zu ihr. Er war ein eifersüchtiger Typ, der davon träumte, sie zu Hause bei Kindern und Eintopf einzusperren.

„Nein! Das lasse ich nicht zu! Ich werde ein bisschen leiden, und danach wird alles gut.“

Sie mochte Männer von höherem Niveau, die reich, beredt und weit gereist waren. Gewöhnlich traf sie solche Männer im Kasino. Stella hielt sich für wohlhabend, aber sie wusste von ihrem Hang, mit Geld leichtsinnig umzugehen. „Geld heckt Geld“, war ihr Motto. Das war eine Tatsache des Lebens, so oder so.

Natalja dagegen würde ohne einen Sponsor nicht einmal bei McDonalds essen gehen. Deshalb gingen sie normalerweise getrennt aus und trafen sich nur zu dem einen Zweck, mit neuer Beute zu prahlen – sei es ein Banker, ein ausländischer Tycoon oder ein ähnliches Opfer. Dabei liebten es die beiden Mädchen, ihre Eroberungen auszuschmücken. Nicht selten war ein junger Erdöl-Tycoon in Wirklichkeit nur der betagte Inhaber von einem Dutzend Ständen auf dem Markt, die allerlei Kram verkauften, oder ein Biergartenbesitzer. Lustig war es trotzdem!

Natalja überlegte, was sie machen würde, nachdem sie ihr langersehntes Diplom bekommen hätte. Sie wollte ihrem Beruf nachgehen und die erworbenen Kenntnisse in der Praxis einsetzen. Dabei war sie sich hundertprozentig sicher, dass sie im Vergleich zu den anderen die Beste wäre. Sie behauptete, dass sie ihre Diplomarbeit ohne jede Hilfe von Saweli selbst verfasst hätte. Als dieser das hörte, staunte er mächtig. Aber er wusste ja, dass alle dummen und ungebildeten Menschen sich für großartig halten. Wirklich kluge Köpfe dagegen waren bescheiden.

Stella wiederum war der Meinung, dass Frechheit und Selbstvertrauen die Schlüssel zum Erfolg seien. Wer diese Eigenschaften hatte, konnte ein schwarzes Viereck auf ein weißes Blatt Papier malen und mit größter Selbstverständlichkeit für Millionen Rubel verkaufen, während die Bilder, an denen andere tage-, wochen-, monate-, gar jahrelang mühevoll gearbeitet hatten, für ganze tausend Hrywnja an der U-Bahn-Station verscherbelt wurden. Darum bestand die Genialität eines genialen Menschen zweifellos in seiner listigen Natur und im Selbstvertrauen. Denn das Leben ist ungerecht. Im Unterschied zu Saweli glaubte Stella, Natalja hätte die erforderlichen Fähigkeiten, nicht nur bei einer Bank zu arbeiten, sondern eine leitende Position zu bekleiden. Zu dieser Überzeugung kam sie aufgrund ihrer persönlichen Lebenseinstellung.

Natalja wurde tatsächlich einmal zu einem Vorstellungsgespräch für eine Anstellung als Bankkassiererin eingeladen und seltsamerweise auch sofort eingestellt. Aber es gab eine Unannehmlichkeit. Der Lohn betrug mickrige hundert Dollar, berechnet in US-Währung.

Natalja war geschockt. Sie erzählte ihrer Freundin fast unter Tränen, diesen Betrag hätte sie problemlos verdienen können, auch ohne an einem Schalter neben fetten alten Kassiererinnen zu sitzen.

„Hahaha!“ Stella bekam feuchte Augen vor Lachen. „Du vergeudest deine Zeit, Natalja! So eine Stelle kannst du annehmen, wenn deine persönliche Bank zwischen deinen Beinen keinen Gewinn mehr bringt. Wozu brauchst du das jetzt?“

„Ich will aufhören, Stella! Ich habe Angst!“

„Wovor?“